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Neun Top-Maßnahmen für mehr Klimaschutz

Treibhausgasneutralität bis 2035 – Gemeinderat entscheidet

Heilbronn setzt sich noch einmal ehrgeizigere Ziele beim Klimaschutz und will die Treibhausgasneutralität in der Stadt Heilbronn noch früher als bisher vorgesehen erreichen. Dazu wird die Stadtverwaltung dem Gemeinderat in seiner kommenden Sitzung am Montag, 30. Januar das Zieljahr 2035 vorschlagen. Grundlage ist der ergänzte Klimaschutz-Masterplan, der neun Top-Maßnahmen benennt, mit deren Umsetzung die Ziele erreicht werden können. Dazu zählen vor allem ein beschleunigter und massiverer Ausbau der erneuerbaren Energien, die energetische Sanierung von Gebäuden, der Ausbau dekarbonisierter Nah- und Fernwärmenetze sowie die Reduzierung des Autoverkehrs und die weitere Umstellung der Fahrzeugflotte auf alternative Antriebe.

„Die Ziele in unserem ergänzten Masterplan sind ausgesprochen ambitioniert, aber machbar“, sagte Oberbürgermeister Harry Mergel am heutigen Freitag, 27. Januar, bei der Vorstellung des Masterplans vor Medienvertretern. „Wichtige Voraussetzung ist allerdings, dass wir unsere Anstrengungen für den Klimaschutz nochmals deutlich erhöhen und alle an einem Strang ziehen: Wirtschaft, Bürgerschaft und Verwaltung. Dabei ist klar: Je früher wir unser Ziel erreichen wollen, desto höher sind die finanziellen und personellen Ressourcen, die wir als Stadtgesellschaft einsetzen müssen.“

Bislang strebte die Stadt Heilbronn an, bis 2050 treibhausgasneutral zu werden. Darauf hatte sich der Gemeinderat mit der Verabschiedung des ersten Klimaschutz-Masterplans im Mai 2021 verständigt. Aufgrund einer Anpassung der Ziele durch Bund (2045) und Land (2040) schärft die Stadt Heilbronn nun nach und legt dafür die 120 Seiten starke Ergänzung des Klimaschutz-Masterplans vor, die die Energielenker Projects GmbH aus Greven erstellte. Sie erarbeitete auch den Masterplan.

Dabei hat der Masterplan einmal das Zielszenario 2035 und einmal 2040 untersucht. „Der ergänzte Klimaschutz-Masterplan wird in den nächsten Jahren unsere wichtigste Arbeitsgrundlage bilden“, erklärt Bürgermeister Andreas Ringle. „Viele Maßnahme müssen jedoch noch im Detail ausgearbeitet werden. Da lässt uns der Masterplan glücklicherweise so viel Flexibilität, dass wir Schwerpunkte heilbronnspezifisch oder je nach technischem Fortschritt verlagern können.“

Erneuerbare Energiequellen und Treibhausgasneutralität

Dass Klimaschutz Gmeinschaftsaufgabe ist, macht der Blick auf die größten Energieverbraucher und CO2-Emittenten deutlich. 33 Prozent des Endenergiebedarfs, das heißt für Strom, Wärme und Kälte, entfallen auf die Industrie, 30 Prozent auf die privaten Haushalte, 29 Prozent auf den Verkehr, sechs Prozent auf Gewerbe, Handel und Dienstleistungen (GHD) und lediglich zwei Prozent auf kommunale Einrichtungen (Quelle: Energiebilanz 2015). Entsprechend ist die Rangfolge bei den Treibhausgasemittenten: Industrie (38 Prozent), Haushalte (27), Verkehr (26), GHD (sieben) und kommunale Einrichtungen (zwei). Als Energieträger kommen bislang insbesondere Erdgas (29,2 Prozent), die Kraftstoffe Benzin und Diesel (27,8 Prozent), Strom (24,1 Prozent) und Heizöl (24,1 Prozent) zum Einsatz. Erneuerbare Energien spielen derzeit noch eine untergeordnete Rolle. „Hier müssen wir ansetzen“, sagt Bettina Schmalzbauer, Leiterin der Stabsstelle Klimaschutz der Stadt Heilbronn. „Denn nur mit erneuerbaren Energiequellen können wir das Ziel der Netto-Treibhausgasneutralität erreichen.“ Gemeint ist damit die Reduzierung auf etwa eine Tonne CO2-Ausstoß pro Kopf. Bislang liegt der Ausstoß bei fast neun Tonnen.

Neun Top-Maßnahmen

Drei der neun Top-Maßnahmen zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes umfassen den Ausbau von erneuerbaren Energien. Zu den neun Top-Maßnahmen zählen:

• der Ausbau von PV-Anlagen auf und an Gebäuden (Gebäude-PV)

• der Ausbau von PV-Anlagen auf Freiflächen und landwirtschaftlichen Flächen (Freiflächen- und Agri-PV)

• der Ausbau von Windenergieanlagen

• die energetische Sanierung des Gebäudebestandes

• die Errichtung von klimafreundlichen Neubauten

• der Ausbau dekarbonisierter Wärmenetze

• die Senkung der Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor

• die Stadtverwaltung als Vorbild

• die Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation.

Geschätzte sechs Milliarden Kosten

Um die Ziele im angestrebten Zeitraum bis 2035 zu erreichen, sind erhebliche Investitionen erforderlich. Die von der Energielenker Projects GmbH geschätzte Gesamtsumme liegt bei sechs Milliarden Euro. „Dass die Kommune und die Stadtgesellschaft diese Summe nicht alleine schultern kann, liegt auf der Hand“, sagt Dr. Jan Mücke von den Energielenkern. „Wie schnell der Klimaschutz in Heilbronn vorankommt, ist deshalb auch abhängig von den politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen auf Bundes- und Landesebene sowie von der Förderlandschaft.“

Hintergrund zu den neun Top-Maßnahmen

Gebäude-, Freiflächen- und Agri-PV und Windenergie

Ein riesiges Potenzial in der Erzeugung von Energie bei gleichzeitiger Vermeidung von Treibhausgasen sieht der ergänzte Klimaschutz-Masterplan im Ausbau erneuerbarer Energien. Allein drei der neun Top-Maßnahmen betreffen daher ihn. Gemäß Energieatlas Baden-Württemberg könnten auf Heilbronner Dächern insgesamt 2,56 Millionen Quadratmeter PV-Module installiert werden, mit denen sich über 456 000 Megawattstunden/Jahr (MWh/a) Strom erzeugen ließen. 75 Prozent sollen davon bis 2035 erschlossen werden, so sieht es der Klimaschutz-Masterplan vor. Dies entspräche einem Jahresertrag von über 342 000 MWh/a. Darüber hinaus sollen weitere 89 000 MWh/a durch Freiflächen-PV etwa entlang von Straßen und Bahnstrecken und 347 000 MWh/a durch Agri-PV auf Feldern erzeugt werden. Als weitere Energiequelle sollen Windräder zum Einsatz kommen. Dazu sollen 55 Prozent des ausgewiesenen Maximalpotenzials erschlossen werden, was einem Jahresertrag von rund 168 000 MWh/a bei etwa 15 bis 20 Windrädern entspricht. Anders als im Landkreis gibt es im Heilbronner Stadtgebiet noch keine Windenergieanlagen.

Energetische Sanierung des Gebäudebestandes

Eine wichtige Rolle bei der Erreichung der ambitionierten Klimaschutzziele spielt auch die energetische Sanierung des vorhandenen Gebäudebestandes, einschließlich privater Wohngebäude, Wirtschaftsgebäuden und städtischer Liegenschaften, nach dem Sanierungsstandard Effizienzhaus 55 (bis 2030) bzw. 40 (ab 2030). Wenn etwa 46 Prozent der Gebäude bis 2035 saniert würden, würde dies den Wärmebedarf und den Treibhausgasausstoß im erforderlichen Umfang senken.

Klimafreundliche Neubauten

Neubauten sollten künftig ausschließlich klimaneutral errichtet werden. Dadurch könnten im Vergleich zu den bis dato betriebenen Gebäuden bis zu 100 Prozent Treibhausgasemissionen eingespart werden.

Ausbau dekarbonisierter Wärmenetze

Etwa ein Drittel des Wärmebedarfs soll in der treibhausgasneutralen Stadt über Fern- und Nahwärmenetze, bei denen keine fossilen Brennstoffe zum Einsatz kommen, gedeckt werden. Dazu hat die Stadt Heilbronn bereits eine Wärmenetzplanung in Auftrag gegeben, die Ende des Jahres vorliegen soll. Zum Aufbau der Wärmenetze sind Quartiers- und gebäudespezifische Machbarkeitsstudien, Quartiersentwicklungskonzepte und Energiekonzepte erforderlich.

Verkehr

Damit die Ziele im Bereich Verkehr erreicht werden können, muss sich insbesondere das Mobilitätsverhalten verändern. Das bedeutet, dass künftig deutlich mehr Wege zu Fuß, mit dem Rad oder dem ÖPNV zurückgelegt werden müssen. Damit einhergehen muss eine weitere Modernisierung der Fahrzeugflotte, sodass bis 2035 die Hälfte aller Autos mit alternativen Antrieben ausgestattet ist. Ziel ist es, 74 Prozent bis 2035 der Treibhausgasemissionen durch den Verkehr gegenüber dem Jahr 2015 einzusparen.

Vorbild Stadtverwaltung

Die Stadtverwaltung sieht sich auf dem Weg zur treibhausgasneutralen Stadt in einer Vorbildrolle. Deshalb sind weitere Anstrengungen bei der Reduzierung des Wärmebedarfs der städtischen Liegenschaften, beim Ausbau erneuerbarer Energien sowie bei der Umstellung des Fuhrparks geplant. Des Weiteren wird die Stadtverwaltung unter anderem Stromsparmaßnahmen weiter voranbringen, den Aufbau von Nahwärmenetzen und den Anschluss an die Fernwärme soweit möglich vorantreiben, die Straßenbeleuchtung weiter modernisieren und bei Beschaffungen noch höhere Umwelt- und Klimaschutzstandards beachten.

Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation

Da die Stadtverwaltung zwingend die Unterstützung der Wirtschaft und der Bürgerschaft benötigt, um das Ziel Treibhausgasneutralität zu erreichen, ist es unbedingt erforderlich diese entsprechend zu sensibilisieren und zu motivieren. Dazu sind eine intensive Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation über alle der Stadt zur Verfügung stehenden Kanäle sowie der direkte Austausch mit allen Akteuren vorgesehen.