OB Harry Mergel ruft gegen Antisemitismus und zu Zusammenhalt auf
Liebe Mitbürgerinnen, liebe Mitbürger, meine Damen und Herren,
wir betrauern über 1.400 Menschen, die bei dem grausamen Hamas-Überfall am 7. Oktober ermordet, verletzt und gedemütigt wurden. Wir sind entsetzt, dass über 200 Menschen als Geiseln verschleppt worden sind und fordern deren sofortige Freilassung.
Wir sind fassungslos angesichts des Leides, das sich durch den fortdauernden Raketenbeschuss der Hamas fortsetzt. Es ist Terror in schlimmster Form. Und die Betroffenheit reicht bis nach Heilbronn. Auch hier sind Menschen unter Schock angesichts der furchtbaren Nachrichten aus ihrer Heimat.
Wir unterstützen vorbehaltlos das Recht Israels, sich im Einklang mit dem humanitären Völkerrecht zu verteidigen. Gleichzeitig sehen wir das Leid im Gazastreifen. Wir betrauern die unschuldigen Menschen, die getötet wurden, die bitter leiden, deren humanitäre Situation immer katastrophaler wird.
Es ist schwer zu ertragen, wenn der Hamas-Terror nicht als solcher benannt wird.Es ist beschämend, dass er hierzulande an einigen Orten sogar bejubelt wurde. Auch gewaltsame Übergriffe oder Gewalt gegen Sachen – wie das Zerstören von Israel-Flaggen an Rathäusern – haben uns entsetzt. Das ist inakzeptabel. Wir wollen deshalb ein klares Zeichen setzen – auch gegen Aussagen, in denen es nicht mehr um Meinungsfreiheit geht, sondern um die Verbreitung von Hass. Die aktuellen Nachrichten zeigen, es ist bitter nötig, entschieden allen Formen von Hass entgegenzutreten.
Wenn wir uns heute in Heilbronn gegen jede Form von Antisemitismus wenden, dann auch deshalb, weil auch wir in dieser Hinsicht eine schwere Schuld auf uns geladen haben. Ein paar Schritte von hier, an der Allee, stand einst eine große jüdische Synagoge. 1877 wurde sie eingeweiht – und 61 Jahre später in der Reichspogromnacht vom 9./10. November 1938 von den Nationalsozialisten niedergebrannt. Ebenso wurden private Geschäfts- und Wohnräume zerstört, die jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger geschlagen und gedemütigt. Viele in unserer Stadt haben weggeschaut oder haben sich an Zerstörung und Plünderung aktiv beteiligt.
In Heilbronn wurden in der NS-Zeit viele jüdische Bürger deportiert. 234 starben in Vernichtungslagern. Stolpersteine aus Messing erinnern auf unseren Gehwegen an die Opfer des NS-Terrors in Heilbronn.
Dass wir uns als Stadt zu unserer Schuld bekennen, verpflichtet uns auch zu einer besonderen Fürsorgepflicht und Solidarität. Keine jüdische Mitbürgerin, kein jüdischer Mitbürger soll in unserer Stadt Angst haben müssen.
Es ist notwendig, dass wir zusammenstehen - in Heilbronn, in unserem Land, in Israel und auf der ganzen Welt.
Ich bitte auch unsere muslimischen Mitbürgerinnen und Mitbürger, die aus unserer Geschichte resultierende besondere Verantwortung zu verstehen – und unsere Werte wie Toleranz, Nächstenliebe und einen friedlichen Dialog zu unterstützen.
Auch die muslimischen Vereine und Verbände fordere ich auf, keinen Zweifel zu lassen an ihrer Verurteilung von Terrorismus und Antisemitismus.
In unserer Stadt leben Menschen aus mehr als 150 Ländern zusammen. Ich wünsche mir, dass wir auch in dieser schwierigen Situation die unterschiedlichen Meinungen weiterhin offen, friedlich und in gegenseitigem Respekt austragen.
Auch wenn der Weg zu Versöhnung und Frieden aus heutiger Sicht lang sein wird und realistisch nur in einer friedlichen Koexistenz zweier Staaten – Israel und Palästina - enden kann, sollten wir entschieden für diesen Weg eintreten.
Bei aller verständlicher Emotionalität setze ich dabei auf die Besonnenheit aller Bürgerinnen und Bürger – besonders derer, die Verantwortung tragen – in der Welt, aber auch in unserer Stadt.