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Leben & Soziales

Verantwortung übernehmen, wo andere Hilfe brauchen

Menschen beistehen, die ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln können – das ist die Aufgabe von Berufsbetreuerinnen und Berufsbetreuern. Eine von ihnen ist Ilona Strienz, 44 Jahre alt, Verwaltungsfachangestellte und registrierte Berufsbetreuerin aus Heilbronn. Im Gespräch erzählt sie, wie sie zu diesem Beruf gekommen ist, was sie motiviert und welche Herausforderungen sie in ihrem Arbeitsalltag erlebt. Am 16. Oktober informiert die Betreuungsbehörde der Stadt Heilbronn als Vermittlungsstelle zwischen Betreuten und Betreuenden, allgemein über diese Aufgabe.

 

Berufsbetreuung bedeutet selbst Hilfe zu bieten, aber auch viel Hilfe von außen zu organisieren. Fotos: Canva
Berufsbetreuung bedeutet selbst Hilfe zu bieten, aber auch viel Hilfe von außen zu organisieren. Fotos: Canva

Ein Beruf mit Verantwortung und Herz

Frau Strienz, was hat Sie dazu bewegt, Berufsbetreuerin zu werden?
Bevor ich selbst Betreuerin wurde, habe ich einem rechtlichen Betreuer zugearbeitet. Dabei habe ich gemerkt, wie sehr mich diese Arbeit anspricht und dass ich das selbst machen möchte. Besonders die Vielseitigkeit des Berufs hat mich gereizt. Kein Tag ist wie der andere und ich kann meine Arbeitszeit frei einteilen, was mir auch mit Familie sehr entgegenkommt.

Wie fühlt es sich an, Verantwortung für Menschen zu übernehmen, die ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln können?
Es ist eine große Verantwortung, die man plötzlich übernimmt und trägt. Ich versuche mich immer in die Situation der Menschen hineinzuversetzen und ihnen so gut wie möglich zu helfen. Wenn man sieht, dass durch die Unterstützung wieder Struktur in ihr Leben kommt, ist das sehr erfüllend.

Wie würden Sie Außenstehenden erklären, was rechtliche Betreuung bedeutet?
Im Grunde regelt man alle rechtlichen Angelegenheiten für Menschen, die dazu selbst nicht in der Lage sind. Man versucht so gut es geht, zu helfen und Hilfen zu organisieren.

Zwischen Selbstbestimmung und Schutz

Wie gestalten Sie die Zusammenarbeit mit den betreuten Personen?
Der Wunsch der Betroffenen steht immer im Vordergrund. Ich unterstütze, aber wenn jemand dazu in der Lage ist, darf und soll er selbst entscheiden.

Wie häufig haben Sie Kontakt zu den betreuten Personen?
Das ist sehr unterschiedlich. Zu manchen habe ich fast täglich Kontakt, zu anderen vielleicht einmal im Monat. Viele kommen zu mir ins Büro, andere rufen an oder schreiben E-Mails. Ich mache aber auch Hausbesuche, wenn das gewünscht ist.

Wie gehen Sie damit um, wenn die Wünsche der Betreuten im Widerspruch zu Ihrer fachlichen Einschätzung stehen?
Die Wünsche der Betreuten haben grundsätzlich Vorrang, auch wenn ich sie persönlich nicht immer für sinnvoll halte. Nur wenn eine Eigengefährdung besteht, muss ich im Sinne des Schutzes eingreifen und auch mal gegen den Wunsch der Person handeln.

„Es ist wirklich schön zu sehen, wenn man Personen helfen kann, die bisher einfach ein Chaos hatten und nun alles läuft.“ 

- Ilona Strienz, 44 Jahre, registrierte Berufsbetreuerin aus Heilbronn

Herausforderungen und bewegende Momente

Was sind die größten Herausforderungen in Ihrem Beruf?
Schwierig ist es, die Schicksale der Klientinnen und Klienten nicht zu sehr an sich heranzulassen. Man braucht viel Einfühlungsvermögen, aber auch die Fähigkeit, abzuschalten. Sonst kann man auf Dauer keine gute Arbeit leisten.

Gibt es ein Erlebnis, das Sie besonders berührt hat?
Ein junger Mann, den ich drei Jahre lang betreut habe, konnte am Ende seine Angelegenheiten wieder selbst regeln. Als die Betreuung aufgehoben wurde, war das ein sehr bewegender Moment. Man merkt, dass die Arbeit wirklich etwas bewirken kann. Auch kleine Gesten bleiben in Erinnerung – etwa als mich eine betreute Person beim Trollinger Marathon angefeuert hat.

Welche Fähigkeiten sind in Ihrem Beruf besonders wichtig?
Empathie ist entscheidend, aber man braucht auch Durchsetzungskraft. Man muss verstehen, warum Menschen so handeln, und gleichzeitig in schwierigen Situationen klare Entscheidungen treffen können.

Ein erfüllender Beruf mit Sinn

Warum würden Sie anderen empfehlen, Berufsbetreuerin oder Berufsbetreuer zu werden?
Weil es eine sinnvolle und abwechslungsreiche Tätigkeit ist. Ich arbeite freiberuflich und kann meine Zeit selbst gestalten. Es ist schön zu sehen, wie man helfen kann und welche Entwicklung die Menschen machen.

Welchen Rat geben Sie Interessierten, die diesen Weg einschlagen möchten?
Man sollte sich bewusst sein, wie viel Verantwortung man übernimmt. Mir hat ein einjähriger Fernkurs für rechtliche Betreuerinnen und Betreuer sehr geholfen. Ich habe dort viel Wertvolles gelernt, das ich bis heute nutze.

Mehr über den Beruf erfahren

Wer sich selbst vorstellen kann, Menschen in schwierigen Lebenslagen zu unterstützen, kann sich über die Tätigkeit als Berufsbetreuerin oder Berufsbetreuer informieren.
Die Betreuungsbehörde der Stadt Heilbronn lädt am Donnerstag, 16. Oktober, um 18 Uhr zu einer Infoveranstaltung im Kleinen Ratssaal des Rathauses ein. Dort gibt es Einblicke in die Aufgaben, Voraussetzungen und Chancen dieses verantwortungsvollen Berufs. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.
Fragen im Vorfeld beantwortet die Betreuungsbehörde per E-Mail an betreuungsbehoerde@heilbronn.de.