Brutplatz über den Schuldächern
Mittelmeermöwen-Nachwuchs in Heilbronn
Ein ungewöhnlicher Fund in luftiger Höhe: Auf dem Dach der Gustav-von-Schmoller-Schule zieht ein Brutpaar der Mittelmeermöwe derzeit drei kräftige Jungtiere groß - mitten in Heilbronn. Noch vor wenigen Jahren wäre das kaum vorstellbar gewesen.
Eine Entdeckung, die aufhorchen lässt
Was auf den ersten Blick unscheinbar wirkt, ist in Wirklichkeit eine kleine Sensation: Die Mittelmeermöwe, ursprünglich im Süden Europas beheimatet, hat sich bis nach Heilbronn vorgewagt. Und nicht nur das: Ein Brutpaar hat sich erfolgreich niedergelassen.
Eines der Altvögel stammt nachweislich aus Frankfurt, wie ein Ringfund zeigt. Eine bemerkenswerte Strecke und ein deutliches Zeichen für die wachsende Mobilität dieser Art.
Drei Küken, drei Zukunftsflieger
Die Beringung erfolgte am Freitag, 6. Juni, unter fachkundiger Anleitung von Lukas Ehmke (20), Felix Ketel (21) und Jochen Fischer (54) von der Ornithologischen Arbeitsgemeinschaft Heilbronn. Die drei Experten sind sonst vor allem für die Erfassung von Schwänen und Gänsen in der Region zuständig. Diesmal aber galt ihre Aufmerksamkeit den jungen Möwen.
Die Küken wurden gewogen:
- Küken 1: 577 g
- Küken 2: 647 g
- Küken 3: 747 g
Alle drei Tiere wurden mit Metallringen versehen, die vom Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie wissenschaftlich begleitet und vom Beringungszentrum Radolfzell koordiniert werden. Ziel: Die spätere Wiedererkennung und Dokumentation der Tiere; auch über Landesgrenzen hinweg.
Brutplatz mit Seltenheitswert
„Die Mittelmeermöwe brütet seit letztem Jahr auf dem Flachdach der Schule“, berichtet Wolf-Dieter Riexinger von der Naturschutzbehörde der Stadt Heilbronn. Bereits 2024 wurde an derselben Stelle erstmals ein Brutpaar mit zwei Jungen gesichtet, ebenfalls durch Zufall.
Bis heute handelt es sich um den einzigen bekannten Brutplatz dieser Art im gesamten Stadt- und Landkreis Heilbronn.
Eine Art auf dem Vormarsch
Die Mittelmeermöwe ist keine typische Stadtbewohnerin – noch nicht. Doch die Art breitet sich entlang großer Flüsse wie dem Neckar vermehrt aus, sucht neue Lebensräume und findet sie zunehmend auch im Binnenland.
„Solche Flachdächer bieten perfekte Bedingungen: wenig Störungen, ein guter Überblick und ausreichend Nahrung in der Umgebung“, so Riexinger.
Urbanes Leben – kein Problem für die Möwe
Die Tiere gelten als anpassungsfähig und wenig wählerisch: Sie ernähren sich von tierischer und pflanzlicher Kost und kommen gut mit urbanen Strukturen zurecht. Konkurrenz zu heimischen Arten gibt es bislang nicht, Probleme durch die Ansiedlung sind aus naturschutzfachlicher Sicht nicht zu erwarten.
Der Brutplatz selbst ist nicht öffentlich zugänglich, der Hausmeister der Schule wurde informiert. Schutzmaßnahmen oder Eingriffe sind nicht notwendig.
Was Bürgerinnen und Bürger wissen sollten
Auch wenn die Möwen sich in der Stadt sichtbar wohlfühlen; Füttern ist nicht erwünscht. Die Tiere kommen gut alleine zurecht und bleiben gesünder, wenn sie ihrer natürlichen Nahrung nachgehen.
Für alle, die die Vögel beobachten möchten: Mit etwas Glück lassen sich die Elterntiere oder der erste Flug der Jungvögel schon bald am Himmel über Heilbronn entdecken.
Eine spannende Entwicklung über den Köpfen der Stadt
Dass die Mittelmeermöwe nun auch in Heilbronn brütet, ist ein Zeichen für die Dynamik urbaner Natur. Ein einzelnes Brutpaar mag unauffällig wirken, doch es zeigt, wie sich Tierarten in unserer Stadt neu ansiedeln.
Und vielleicht fliegt schon bald eines der drei Küken, geboren über den Klassenzimmern, in ein neues Revier entlang des Neckars. Wo auch immer sie dann landen, man wird immer ihren Ursprung in Heilbronn anhand der Beringung erkennen.
Datum: 11. Juni 2025